Of plants and views

Meine werten Leser mögen es mir verzeihen, dass ich so lange nicht geschrieben habe. Die Tage hier auf Bali vergehen sehr schnell und ehe man es sich versieht, ist es schon wieder spätabends und man hat nur die Hälfte von dem geschafft, was man sich eigentlich vorgenommen hat.  Aber ich gelobe Besserung! ????

Unmittelbar nach unserer Rückkehr aus dem Norden fuhren wir auf einen Field Trip nach Bedugul. Nunja, wir waren praktisch am Vortag erst aus der Richtung eingetrudelt und irgendwie fand es die Sitzmuskulatur nicht ganz so erbaulich, schon wieder mehrere Stunden im Bus sitzen zu müssen. Aber was tut man nicht alles für einen spannenden Tag!

In Bedugul war unser Ziel der Bali Botanic Garden oder auch Kebun Raya Bali genannt. Der Bali Botanic Garden ist Indonesien’s größter botanischer Garten und beinhaltet die größte Sammlung an wilden Orchideen auf der Insel. Er befindet sich in der angenehm kühlen Region von Bedugul in Zentrabali und umfasst 157 Hektar Land.

Der Bali Botanic Garden wurde 1959 eröffnet. Ursprünglich diente sein Zweck der Kultivierung von Koniferen und als Naherholungsgebiet. 1965 stoppte die Entwicklung des botanischen Gartens aufgrund von politischer Instabilität. 1975 wurde er neu eröffnet und sein Gebiet auf 129 Hektar erweitert. Ebenso wurde ein neuer Fokus hinzugefügt: die Ex-situ-Erhaltung (außerhalb des natürlichen Habitats) von Pflanzen aus den Bergregionen Ostindonesiens. 2001 wurde das Gebiet des botanischen Gartens dann auf die heutige Größe erweitert.

Die Fahrt dorthin verlief relativ ereignislos. Wenn ich nicht selbst fahren muss, genieße ich es, meine Kopfhörer aufzusetzen und zu Musik die Umgebung zu beobachten. Man kann so viel sehen und entdecken und durch die Musik wird alles mit entsprechenden Tönen verknüpft.

Als wir dort ankamen, trafen wir unsere Dozentin Ibu Astarini. Nach einem kurzen Stop auf der Toilette ging es dann auch schon zur ersten Station: dem Begonienhaus.

Das Begonienhaus ist aufgebaut wie ein gigantisches Gewächshaus. Die Atmosphäre und das Klima darin sind jedoch sehr angenehm. Es war überhaupt nicht stickig, sondern angenehm kühl und luftig. In dem Begonienhaus wuchsen etliche Arten dieser Pflanzengattung, schön arrangiert in einem kleinen Park mit Wasserfall und Teich. Ibu Astarini erklärte uns bei einigen Sorten die spezifischen Eigenheiten, gab uns Pflegetipps und informierte uns über die übliche Verwendung. Das war nicht nur sehr informativ, sondern auch wichtig für die Gruppe, die als Assignment tatsächlich die Araceae gewählt hatte.

Jeder Field Trip ist üblicherweise mit einem Report verbunden. Ibu Astarini hat üblicherweise ein Worksheet mit Aufgaben und Fragen, dass abgearbeitet werden muss. Bei diesem Field Trip sollte sich jede Gruppe jedoch eine Pflanzengattung aussuchen, um darüber eine Präsentation vorzubereiten. Jan und Marc wählten die Orchideen, während Christian, Naja und ich uns auf die medizinischen Heilpflanzen konzentrierten.

Nach dem Begonienhaus ging es in den Bambuswald. Und dort war alles etwas zwiegespalten. Ich persönlich mag den Botanischen Garten sehr. Gerade in den Morgenstunden ist er sehr schön und ruhig. Und genau da lag jetzt das Problem. Ruhe! Unsere lieben Mitstudenten fanden es anscheinend totaaaaal cool, auf dem Bambus rum zu klettern, daran hoch zu klettern und im Allgemeinen einen Krach zu veranstalten, wie eine Horde durchgedrehter Brüllaffen. Mal abgesehen davon, dass ich finde, dass das ein Benehmen wie ein offener Hosenstall ist, führte es auch dazu, dass ich die Schönheit des Bambuswaldes leider nicht so genießen konnte, wie ich es gerne hätte. Leider zog sich dieses Benehmen wie ein roter Faden durch den ganzen Field Trip. Doch dazu später mehr.

Der Bambus im Bambuswald ist beeindruckend in seiner Größe und seinem Umfang. Auch hier erklärte uns Ibu Astarini wieder die Eigenschaften der Pflanzen und ihren Verwendungszweck. Ich verließ mit Christian die Gruppe und ging tiefer in den Wald hinein. Und siehe da, nach ein paar Metern schluckte der Wald die Geräusche und man konnte ein leises Rascheln und Vogelstimmen hören. Herrlich!

Nach dem Bambuswald war die nächste Station das Kakteenhaus. Man geht durch die Tür und befindet sich auf einmal in einer Art Wüste. So viele verschiedene Sorten an Kakteen waren zu sehen. Von extrem pieksigen bis zu flauschig weichen. Von sehr kleinen bis zu sehr hohen. Leider konnte man sehen, dass die Leute auch hier meinten, sich verewigen zu müssen. Auf den Kakteen. Jawohl! Manchmal fehlen mir einfach die Worte für so etwas. ????????

Das Orchideengebiet war unser nächster Stopp. Jan und Marc versuchten, so viele Infos wie möglich zu ergattern. Leider war das tatsächliche Gewächshaus verschlossen und wir konnten nur von draußen ein paar Blicke hineinwerfen. Die Zeit der Blüte war auch noch nicht gekommen und so wirkte alles ein wenig kahl. Ich hatte schon beim Kakteenhaus bemerkt, dass das Interesse unserer Mitstudenten an den Pflanzen mehr als gering war. Trotzdem fragte ich Ibu Astarini, ob wir denn noch zu den Heilpflanzen kommen würden. Der Heilpflanzengarten befand sich glücklicherweise nicht weit entfernt von den Orchideen. Für mich ein absolutes Highlight, da ich ja auch daheim Tinkturen etc. aus Heilpflanzen aus meinem Garten herstelle.

Was für eine Fülle an Pflanzen! Inwger, Kurkuma, Zitronengras, gekerbte Spitzblume, Glycosmis und viele mehr. Und natürlich auch die allseits bekannte Aloe Vera. Ich hätte gerne mehr Zeit dort verbracht, doch leider drängten meine Mitstudenten zum Aufbruch. Man hatte wohl Kaffeedurst. Und Hunger. Und dann kam der nächste Teil der Tragödie.

Ich gebe zu, dass ich von dem Verhalten meiner Mitstudenten (mit Ausnahme meiner Lerngruppe) nicht sonderlich begeistert bin. Vielleicht ist es eine Art Generationenkonflikt, da fast alle um mindestens 15 Jahre jünger sind als ich. Aber ich habe gelernt, dass man pünktlich zum Unterricht zu erscheinen hat und nicht mit 15- 25 Minuten Verspätung (und das fast täglich). Ebenso hat man mir beigebracht, zu Schweigen und zuzuhören, wenn der Dozent vorne spricht.  Gemessen an dem teilweise sehr lauten Gequatsche im Hintergrund sind diese Eigenschaften anscheinend heute nicht mehr von Belang. Und ich gehe zum Unterricht, auch wenn ich morgens früh nicht unbedingt Lust habe aufzustehen. Ich habe mich sehr oft gefragt, warum diese jungen Menschen überhaupt an dem Programm teilnehmen. Wir bezahlen viel Geld, um hier lernen zu dürfen. Und ich für meinen Teil bin genau deswegen hier: zum Lernen. Und nicht, um jeden Tag an irgendeinem anderen Strand den x-ten Sonnenuntergang zu sehen. Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin die Letzte, die einen Sonnenuntergang nicht zu schätzen weiß. Aber für mich gehen die Universität und das Lernen vor. Für die entspannten Momente, für das Reisen und Entdecken habe ich mir Zeit nach dem Programm reserviert. Aber wie sagt man so schön: Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen. ????????

Meine Lerngruppe teilt die Antipathie zum Teil. Was auch der Grund ist, weshalb wir lieber unter uns bleiben und nichts mit den anderen unternehmen. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass man sich zivilisiert miteinander unterhalten kann und auch Rücksicht nehmen sollte. Anscheinend lag ich da falsch.

Man hatte also beschlossen, dass man etwas essen möchte. Ibu Astarini führte uns zu einem Warung, der sauber wirkte und bei dem man bestimmt gutes Essen zu einem kleinen Preis bekommen hätte. Uns war das vollkommen recht, da wir eigentlich auch schon vorgesorgt hatten und uns Essen mitgenommen hatten. Aber da hatten wir die Rechnung mit den anderen nicht gemacht. Kaum waren wir am Warung, ging das Gemaule los. Der Warung hätte ja überhaupt keine schöne Aussicht und wenn man schon mal hier wäre, könnte man doch schließlich auch da essen, wo man eine „Nice view“ hätte.

Das Ende vom Lied war, dass wir in einem Restaurant endeten, dass zwar eine „Nice View“ hatte, dafür aber vollkommen überteuertes, mittelmäßiges Essen. Unsere Gruppe weigerte sich, so viel Geld für minderwertiges Essen auszugeben, zumal wir ja auch selbst etwas dabeihatten. Aber wir wurden nicht gefragt. Es wurde einfach so beschlossen. Christians Wutpegel hatte zu dem Zeitpunkt schon Rekordhöhe erreicht. Seitdem ist „Nice View“ bei uns sowohl ein geflügeltes Wort als auch eine Munchkinkarte.

Die Mitglieder meiner Lerngruppe sind um einiges älter als die restlichen Studenten. Jeder von uns hat schon einmal gearbeitet und weiß, wie hart es ist, Geld zu verdienen. Vielleicht liegt es einfach daran, dass wir uns so vollkommen von den anderen unterscheiden. Für jeden von uns ist das Studium eine zweite Chance, die wir mit Sicherheit nicht in den Sand setzen wollen. Und das zeigt sich einfach deutlich in der unterschiedlichen Arbeitsmoral.

Der Trip nach Bedugul hat uns Vieles gelehrt. Sowohl im schulischen Sinne als auch zwischenmenschlich. Ich bin nach wie vor dankbar, dass ich diese Chance ergreifen konnte. Das Semester neigt sich dem Ende zu und rückblickend muss ich sagen, dass ich enorm viel gelernt habe. Vieles davon hat mich nachdenklich gemacht, und vieles wird sich ändern, wenn ich wieder daheim bin. ????

Im nächsten Blogeintrag werde ich euch über unseren Wochenendtrip mit der Uni nach Lemukih berichten. Ein Trip, der mehr als lehrreich für unsere Gruppe war. Stay tuned. ????

2 Gedanken zu „Of plants and views“

  1. Hallo Patricia
    mit Interesse verfolgen wir, d. h. die ganze Familie, Deine interessanten blog Einträge. Weiter so ????
    Sogar eine Freundin war begeistert und hat sich gleich einen alten Roman über Bali von Vicky Baum herausgekramt.
    Ich hoffe, es klappt gut mit eurem Abschluss des Semesters, es ist ja nur noch eine Woche. Ich drück euch die Daumen.
    Bin gespannt, was Du weiter so berichtest.
    Liebe Nikolaus-Grüße aus Deutschland
    Gudrun

    1. Hallo Frau Burkert!
      Sonnige Nikolausgrüße von der Insel! Hier bekommt man kaum weihnachtlichen Flair mit und wir vermissen es schon ein wenig ????. Morgen geht es mit den Abschlussprüfungen los und dann ist das Semester tatsächlich geschafft. Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergangen ist.
      Ich befürchte, ich muss Ihnen die Tage ein Rezept für indonesisches Sambal zukommen lassen. Christian isst mittlerweile selbst seine Kekse damit und ist immer sehr traurig, wenn das letzte Glas geleert ist ????. Ab Sonntag beginnt dann sozusagen unser Urlaub, und dann gibt es wesentlich mehr zu berichten. ????

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