The earth, the sea and the air are the concern of every nation. And science, technology and education can be the ally of every nation. ~ John F. Kennedy

Am Mittwoch trafen wir uns morgens auf dem Parkplatz der mathematischen Fakultät, um uns mit dem altbewährten Pariwisatabus auf den Weg auf die Insel Serangan, auch Turtle Island genannt, zu machen. Dort gibt es das Turtle Conservation and Education Center (TCEC), dass in Zusammenarbeit mit dem WWF, dem Gouverneur von Bali und den lokalen Autoritäten fantastische Arbeit leistet, um den Bestand der Seeschildkröten wieder herzustellen.

Wir wurden zunächst in eine Art Klassenzimmer gebeten, wo sich unser Guide kurz vorgestellt hat. Sein Name war I Wayan Dedi. Er hat keinerlei biologische oder sonstige naturwissenschaftliche Ausbildung, hat sich aber als Kind schon für den Schutz von Natur und Tieren interessiert. Dedi erklärte uns, dass Bali als DER Umschlagplatz für Schwarzmarktware aus Seeschildkröten gilt. Obwohl hier bei weitem nicht die meisten Schildkröten gefangen und geschlachtet werden, werden doch die meisten Waren umgesetzt.

Es gibt 6 Meeresschildkröten Arten und rund um Bali leben 5 davon. Da Schildkröten immer an den Strand ihrer Geburt zurück kehren, sind sie eine leicht Beute für Wilderer. Ein weiteres Problem ist die Bebauung der Strände mit Luxusresorts und anderen Gebäuden. Das führt dazu, dass die Schildkröten kaum noch einen Platz finden, um ihre Eier abzulegen. Haben sie einen Platz gefunden und konnten ihre Eier dort vergraben, kann es sein, dass die kleinen Babyschildkröten durch die Lichtverschmutzung ihre Orientierung verlieren und den Weg ins Meer nicht finden.

Meeresschildkröten werden gefangen, um aus ihren Panzern Dekomaterial wie z.B. Sonnenbrillen zu machen und wegen ihres Fleisches. Zudem sind sie Bestandteil eines hinduistischen Rituals. Das macht es für das Turtle Conservation and Education Center so schwer, die Leute davon zu überzeugen, keine Schildkrötenprodukte zu konsumieren.

Glücklicherweise stimmen mittlerweile immer mehr religiöse Führer und Priester zu, die Schildkröten während des Rituals nicht zu töten, sondern sie wieder ins Meer zu entlassen. Doch das Umdenken geschieht nur sehr langsam. Laut dem TCEC sind die wichtigsten Pfeiler für die Schildkrötenrettung unter anderem Aufklärung, aber auch der ökonomische Aspekt. Wenn die Wilderer auf das Geld aus dem Schildkrötenverkauf nicht mehr angewiesen sind, lassen sie sich eher davon überzeugen, nicht mehr auf Schildkrötenjagd zu gehen.

Das TCEC sammelt Eier von den Stränden ein oder kauft sie auf den örtlichen Märkten. Anschließend werden die Eier im Center ausgebrütet. Die kleinen Schildkröten bleiben maximal drei Tage in einem Becken, damit sie Kraft schöpfen können für ihre Reise im Ozean. Das Gelege im Center wird in Originalsand von dem jeweiligen Strand gelegt. Warum? Die Antwort darauf hat mich ehrlich gesagt total fasziniert. Schildkröten nehmen wohl nach ihrer Geburt auf dem Weg zum Strand das spezifische Magnetfeld des Strandes über ihre Bauchplatte auf. So können sie immer zu diesem Strand zurückfinden. Damit die kleinen Schildkröten also nicht völlig orientierungslos werden, gibt man ihnen auf die Art die Gelegenheit, sich das Magnetfeld ihres eigentlichen Geburtsstrandes einzuprägen.

In einigen Becken befanden sich auch größere Schildkröten. In den meisten Fällen sind sie Notfälle gewesen, die durch Fischer, Netze oder andere Sachen schwer verletzt wurden. Das TCEC behandelt ihre Verletzungen. Wenn sie sich erholt haben, werden sie zurück in die freie Wildbahn entlassen. Doch nicht jede Schildkröte kann ins Meer zurückkehren. Haben sie z.B. aufgrund von Fischernetzen ihre Flossen so stark beschädigt, dass sie amputiert werden müssen, bleiben sie im Center, da sie sonst keine Chance im Meer hätten. Die meisten Schildkröten im Center waren Olive Ridley (Lepidochelys Olivacea), die aufgrund ihres wenig spektakulären Aussehens nicht so gerne verwendet werden und dementsprechend „nur“ den Status vulnerable haben. Es gab jedoch auch Vertreter der Grünen Meeresschildkröte (Chelonia Mydas) und der Echten Karettschildkröte (Eretmochelys Imbricata), die jeweils den Status Endangered und Critical haben.

In einem weiteren Becken sahen wir eine Meeresschildkröte, die von Fibropapillomatose befallen war. Man vermutet, dass ein Herpesvirus der Auslöser der Krankheit ist. Die Gründe für die Entwicklung einer Fibropapillomatose sind jedoch vielfältig, Biotoxine und Verunreinigungen ein Teil davon.

Das Center nimmt keine Eintrittspreise, lebt jedoch von den Spenden der Besucher. Man kann dort lokale Souvenirs kaufen, die aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt wurden. Mein persönliches Highlight war jedoch die Möglichkeit, eine kleine Babyschildkröte für einen bestimmten Betrag zu adoptieren und sie selbst ins Meer zu entlassen. Leider konnten wir das an dem besagten Tag noch nicht machen, aber es steht fest in unserem Terminkalender drin!

Der Besuch war ein Augenöffner und hat mich zum Teil fasziniert, aber auch entsetzt. Meeresschildkröten sind genau wie ihre an Land lebenden Verwandten sanfte Tiere. Die Tatsache, dass sie kurz vor der Ausrottung stehen, stimmt mich sehr traurig.

Was mich allerdings auch traurig gemacht hatte, war die Entdeckung eines kleinen Hundewelpen während unserer Mittagspause dort. Der Kleine hatte eine schlimme Augenverletzung, war abgemagert und hatte Schnodder an der Nase. Aber er war auch sehr sanft und lieb. Mir brach es fast das Herz, ihn so zu sehen und in dem Moment nicht viel tun zu können. Der Gedanke an den Kleinen verfolgte mich auch die nächsten Tage und so machte ich mich schlau, ob es nicht vielleicht doch eine Möglichkeit geben könnte, ihm zu helfen. Und siehe da, wer suchet, der findet! Die BAWA Foundation auf Bali kümmert sich um die Straßenhunde, Eindämmung von Tollwut, Aufklärung der Bevölkerung…und sie haben eine Notfallambulanz! Also gab ich die Fotos des Kleinen, sowie seine Position durch und versprach, die Organisation durch eine Spende zu unterstützen. Ich hoffe, dass sie ihn gefunden haben und auch tatsächlich behandelt haben. Spätestens, wenn wir zur Babyschildkröten- Adoption dort wieder hinfahren, werde ich nach ihm Ausschau halten. Da die Kosten für einen Transport nach Deutschland leider mein Budget übersteigen, kann ich ihn leider nicht mitnehmen. Obwohl ich der Meinung bin, dass er ganz gut zu unseren beiden Chaotenkojoten passen würde.

Unser Weg führte uns weiter nach Nusa Dua. Dort trafen wir uns am Strand vor dem St. Regis Resort mit einer Dame, die uns zeigte, wie man Korallen neu anbaut. Die Technik an sich ist relativ simpel. Verwendet wird eine sogenannte Spider, ein Gestell aus Eisen mit sechs Füßen. Das Eisen wurde mit einem Korrosionsschutz und anschließend mit einem zweikomponentigen Epoxidharz beschichtet. In das Epoxidharz wurde Sand mit eingearbeitet, um den Korallen eine möglichst gute Oberfläche anzubieten. Uns wurde gezeigt, wie man an dem Gestell die Korallen mit Kabelbindern befestigt und wir durften selbst Hand anlegen.

Korallenspider

Spätestens bei den Kabelbindern ging die Diskussion zwischen Christian und mir los. Unsere Kommilitonin Asija beteiligte sich auch daran. Ist es wirklich eine so gute Idee Kabelbinder zu benutzen und somit eine weitere Quelle für Mikroplastik in das Meer zu setzen? Was ist mit dem verwendeten Epoxidharz? Wie lange dauert es, bis der Korrosionsschutz versagt und das Eisen trotzdem korrodiert? Was für Alternativen gibt es? Sind diese bezahlbar? So wirklich überzeugt waren wir von dem Vorgehen nicht. Andererseits ist es ein Anfang und aller Anfang ist schwer. Es liegt an Materialdesignern wie uns, entsprechende bezahlbare Alternativen zu entwickeln. Und genau dafür sind wir ja schließlich hierhergekommen.

Die meisten Kommilitonen schlüpften in ihre Schnorchelmonturen und machten sich auf, die an den Spidern befestigen Korallen im Meer zu versenken und die sich schon dort befindlichen Spider von übermäßigem Algenbewuchs zu befreien. Da mein linker Arm aufgrund von Erschöpfung und Hitze wieder anzuschwellen begann, blieb mir nichts anderes übrig, als am Strand zu bleiben. So konnte ich jedoch das schöne Panorama genießen und ein paar Fotos von den anderen beim Schnorcheln machen.

Warum müssen die Spider von den Algen befreit werden? Nun, die meisten Korallen leben in einer Symbiose mit sogenannten Zooxanthellen. Zooxanthellen sind Algen, die sich in der Außenhaut des Korallenpolypen ansiedeln. Doch das Gleichgewicht ist zerbrechlich. Steigt die Temperatur des Wassers über 30°C, stoßen die Polypen die Zooxanthellen ab und es bleibt nur noch das weiße Skelett der Koralle zurück. Durch Stickstoffe und Phosphate im Wasser wird das übermäßige Wachstum von Algen gefördert, die den Zooxanthellen ihren Platz am Polypen streitig machen. Die derzeitige Trockenzeit beschleunigt das Wachstum der Algen noch.

Durch das Absterben der Korallen wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt. Über kurz oder lang sterben auch die anderen Lebewesen im Riff und die Artenvielfalt wird nach und nach reduziert. Deswegen ist es umso wichtiger, die Korallenriffe neu aufzubauen und aktiv am Meeresschutz teilzunehmen.

Müde und ein wenig sandig ging es zurück zum Campus und danach nach Hause. Ein weiterer toller Tag war vorbei und am Donnerstag erwartete uns die Einführungszeremonie der Udayana Universität, bei der wir auch unsere Dozenten kennenlernen durften. An diesem Tag kamen wir das erste Mal direkt in Berührung mit dem Grund, warum wir dieses Auslandssemester gewählt haben. Mal sehen, was wir eventuell noch bewirken können.

2 Gedanken zu „The earth, the sea and the air are the concern of every nation. And science, technology and education can be the ally of every nation. ~ John F. Kennedy“

  1. Moin Pat!
    wow, so tolle Eindrücke und Erfahrungen könnt ihr sammeln, und unsereins als „nur“ Leser kann so manches lernen! Ist schon spannend wie das mit den Schildkröten und Korallen so gehandhabt wird, hoffen wir nur das die Menschheit endlich anfängt umzudenken .
    Danke auch dafür das du uns einen Blick auf die Kultur Bali’s abseits vom Mainstream gönnst.
    Ich freu mich schon auf weiter Berichte und wünsch euch allen noch eine schöne Zeit.
    Liebe Grüße
    deine alte Tante Doro <3

    1. Aloha Doro ????
      Herzlichen Dank! ???? Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir so viel erleben dürfen. Es liegt an uns, das Wissen, dass wir hier erlangen, weiter zu geben ????
      Sonnige Grüße!

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