Letzte Woche beschlossen unsere Dozenten Pak Deny und Job Nico, dass ein kleiner Ausflug zur Sanur Beach angebracht wäre, um die Seegraspopulation vor Ort zu betrachten und endlich mal live wissenschaftlich zu arbeiten.
Aber es wäre natürlich nur halb so spannend, wenn alles einfach gewesen wäre. Zuerst einmal mussten wir ja an den Ort des Geschehens kommen. Sanur Beach ist etwa 22 km von unserem Haus entfernt. In Deutschland würde man über diese Entfernung einfach nur schmunzeln. Hier ist das schon eine recht ordentliche Strecke.
Wir bestellten also unser übliches GoCar und die App zeigte 115.000 IDR als Preis für den Hinweg an. Plötzlich ploppte der appinterne Chat auf und der werte Herr Fahrer teilte uns mit, dass der Preis für die Fahrt 150.000 IDR betragen würde. Nachdem wir erstaunt nachgefragt haben, wie es denn zu dieser plötzlichen Preisänderung kommt, teilte er uns fröhlich mit, dass ja schließlich mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen wäre. Und außerdem wären da noch die 20% Taxes für ihn. Ja neeee…is klar! ????
Also Fahrt storniert und schon waren wir wieder auf der Suche nach einem Fahrer. Glücklicherweise fand sich dann auch irgendwann einer. Der die Hälfte der Zeit damit verbrachte, auf seinem Handy rumzutippen. Während der Fahrt. Jawollja! Gut, dass Marc eigentlich fast immer nach 5 Minuten Fahrt einschläft. Er hätte sonst wahrscheinlich Herzrythmusstörungen von dem Fahrstil bekommen.
Irgendwann sind wir dann aber wohlbehalten in Sanur Beach angekommen. Job Nico war schon vor Ort, Pak Deny folgte sogleich und wir schmissen uns in unsere Arbeitsmontur. In dem Fall Tauch- oder Badeschuhe, kurze Hose und Shirt.
Job Nico und Pak Deny im Fachgespräch
Wir teilten uns ins Gruppen ein und erhielten ein Quadrat aus Rohren zum „Abstecken“ des zu untersuchenden Bereiches, einen Stechspatel, je 5 Plastiktüten zum Eintüten des Seegrases, Etiketten zum Beschriften und Pak Deny’s Tabellen zur Identifizierung der Seegras Arten und Bestimmung des Bewuchses. Die Vorgehensweise mit seiner Tabelle hatte uns Pak Deny in der Woche davor schon in der Vorlesung erklärt.
Ich war mit den Jungs in einer Gruppe und wir erhielten den Abschnitt von 0 m bis 15 m. Somit mussten wir alle 3 m unser Rohrquadrat auslegen, die Bewuchsdichte in dem Quadrat bestimmen und schließlich einen Abschnitt von ca. 20×20 cm ausstechen. Die ausgestochenen Pflanzen wurden in einen Plastikbeutel verfrachtet und etikettiert.
Unsere Seegras Ausbeute aus einem Quadrat Thalassia hemprichii Runde oder gezackte Enden? Kurze Abschnitte beim Rhizom deuten darauf hin, dass es keine Cymodocea ist
Während unserer Arbeit entdeckten wir auch den einen oder anderen Meeresbewohner. So stellte sich ein simples Schneckenhaus als Heimat eines Einsiedlerkrebses heraus und Marc hätte fast eine Seeschnecke plattgetrampelt.
Ophelia, unsere Meerschnecke Heinz, der Einsiedlerkrebs Ophelia, die Zweite
Die Proben wurden schließlich von Pak Deny und Job Nico eingesammelt, um sie am nächsten Tag im praktischen Teil von Marine Pollution zu untersuchen.
Der Tag neigte sich dem Ende zu und wir schlenderten ein wenig an der Strandpromenade entlang, bevor wir schließlich im Seagrass by the beach einkehrten. Was für ein passender Restaurantname für diesen schönen Tag. Das Restaurant hatte einen Essbereich im ersten Stock, von dem man aus das Meer beobachten konnte. Im Gegensatz zu vielen anderen Restaurants hier auf Bali, war die Hintergrundmusik sehr dezent und angenehm.
Seagrass by the beach Meerblick Sunset at Sanur Beach
Einen Fahrer für die Rückfahrt zu bekommen, war wiederum nicht ganz so einfach. Die Gegend um Sanur herum wird sozusagen von den Taxifahrern beherrscht, die auf die GoCar und Grabfahrer so gar nicht gut zu sprechen sind. Deswegen signalisierte uns unser Fahrer auch, möglichst unauffällig zu seinem Auto zu kommen.
Auf der Heimfahrt fuhren wir über die sagenhafte Tol Bali Mandara, die sich über das Meer erstreckt und den Norden der Insel mit dem Süden verbindet. Sie ist 12,5 km lang und verbindet insgesamt drei Punkte miteinander: Ngurah Rai Tuban, Beno und Nusa Dua. Sie ist die einzige Tolroad auf Bali und hat eine eigene Spur für Motorräder. Wenn es dunkel ist, bietet eine Fahrt darüber einen recht schönen Anblick. Man sieht die funkelnden Lichter an den Ufern und bei Mondschein glitzern die Wellen.
Am nächsten Tag untersuchten wir dann unsere Beutel, teilten das Seegras nach den jeweiligen Arten auf und zählten die Anzahl der Individuen, die wir in einem Quadrat gefunden hatten. Seegras kann anhand der Form und Beschaffenheit der Blätter oder anhand des Rhizoms identifiziert werden. Im Gegensatz zu Seegras hat Seaweed, im Deutschen auch als Seetang bekannt, kein Rhizom.
Und dann ging das Rechnen los. Die Diversität des Seegrases wurde mit dem Shannon- Wiener Index berechnet. Die genaue Formel dafür erspare ich euch und mir, da das Einfügen von Formeln in WordPress ein echter Krampf ist.
Ein Shannon- Index von über 3 bedeutet, dass gute Umweltbedingungen herrschen, während ein Index von kleiner als 3, aber größer als 1 auf eine Abnahme der Umweltqualität hindeutet. Ein Shannon- Index weniger als 1 deutet dann auf eine schlechte Umweltqualität hin.
Im nächsten Schritt wurde der Similarity Index berechnet. Der typische Wert für den Similarity Index erstreckt sich von 0 bis 1.
Noch da? Nicht eingeschlafen? Wunderbar! Es ist auch gleich vorbei und tut gar nicht weh. Versprochen! ????
Mit dem Ergebnis des Similarity Index ließ sich die schließlich berechnen, ob eine Spezies dominant ist. Das ging recht schnell und einfach mit C= 1-E. (Die Formel ist so simpel, dass selbst WordPress sie akzeptiert.) Liegt der berechnete Wert unter 1, aber über 0,5, so kann man davon ausgehen, dass eine Dominanz vorhanden ist. Liegt der Wert zwischen 0 und 0,5 ist keine Dominanz vorhanden.
Im letzten Schritt wurden dann die einzelnen Sektoren, die untersucht wurden, miteinander durch den Jackard Index verglichen. Der gestaltete sich dann als etwas komplizierter. Die reine Rechenoperation an sich ist einfach, aber man muss schon ein wenig den Überblick behalten.
Ich werde jetzt nicht darauf eingehen, wie man den Jackard Index bis zum letzten Quadrat ausrechnet. Das würde dann doch ein wenig zu weit gehen.
Ich musste schon sehr schmunzeln, als Pak Deny die ersten Formeln an das Whiteboard schrieb und von meiner Gruppe ein merkliches Aufatmen zu hören war. Endlich wieder rechnen! Endlich wieder Zahlen schubsen! Einmal Streber, immer Streber ????
Der Gunung Agung war auch sichtbar
Das Arbeiten hier an der Universität macht Spaß und wir lernen so einige neue Dinge und Sichtweisen. Pak Deny zum Beispiel weist uns während der Vorlesungen meistens mindestens einmal darauf hin, dass Seegras ja noch relativ unerforscht ist und möglicherweise interessant für Materialdesigner sein könnte. Im Grunde winkt er nicht mehr mit dem Zaunpfahl, sondern schmeißt uns gleich den ganzen Zaun zu. Vielleicht hat er ja auch recht und im Seegras stecken ungeahnte Möglichkeiten? ????